Die Rose von Tibet by Lionel Davidson

Die Rose von Tibet by Lionel Davidson

Autor:Lionel Davidson
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Verlag


3.

Vor Weihnachten sah ich Mr. Oliphant noch drei- oder viermal. Der Brief von Houston, den er ausfindig machte, löste nicht alle Probleme, zeigte uns jedoch, dass wir eine Art von Buch herausbringen konnten, wenn auch wohl eher eine Art Kurzfassung, die auf Notizen basierte. Meine Begeisterung war zwar gedämpft, doch sie war immer noch groß genug. Rosenthal Brown war nicht die Spur von begeistert. Es wurde notwendig, Nachforschungen anzustellen.

Ein junger Mann mit dem Namen Underwood, ein Lektoratsmitarbeiter, wurde darauf angesetzt, doch meist erwies sich Mr. Oliphant als unsere einzige Informationsquelle.

Anfang Dezember fand ich einen kleinen Geistlichen im Flur vor. Er hatte auf mich gewartet.

»Oh, Mr. Davidson. Ich bin Vater Harris, Schwester Angelika hat mich angerufen und mir gesagt, dass Sie hier sind. Ich wollte unter allen Umständen mit Ihnen sprechen.«

Wir gingen in das Wohnzimmer, das in der hereinbrechenden Dämmerung des Nachmittags kühl und ungemütlich war. Der Geistliche schaltete eine Tischlampe ein, er schien sich in Houstons früherer Wohnung durchaus zu Hause zu fühlen.

Er sagte: »Sein Zustand verbessert sich nicht wirklich, meinen Sie nicht auch?«

»Doch, das stimmt.«

»Und Schwester Angelika kann auch nicht mehr lange bei ihm bleiben. Er gehört eigentlich ins Krankenhaus, verstehen Sie, aber dazu ist sein Fall zu hoffnungslos. Alte Menschen mit chronischen Leiden werden nicht gern aufgenommen. Mir wäre es sehr lieb, wenn er in ein Pflegeheim eingewiesen werden könnte. Wir haben ein Heim, ein katholisches, in Worpleston, Surrey. Es ist sehr schön dort. Ich denke, dass ich einen Platz für ihn bekommen könnte. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass das sehr erstrebenswert wäre, Mr. Davidson?«

»Doch, doch.«

»Es würde achtzehn Guineen wöchentlich kosten«, sagte der Geistliche.

»Haben Sie es bei seinem Freund Houston auf den West Indies probiert?«

»Ja. Doch niemand scheint zu wissen, wo sich dieser Mr. Houston aufhält. Mein Brief ist mit dem Stempel ›Verzogen – Zurück an Absender‹ aus Barbados zurückgekommen.«

»Oh.«

»Im Übrigen hat er keine Verwandten.«

»Nein? Niemanden?«

»Keinen Menschen.«

»Ein Jammer.«

»Ja«, sagte der Geistliche. Er wippte auf den Fersen und hüstelte. »Ich habe mich gefragt, ob Sie nicht vielleicht bereit sind, ihm zu helfen, Mr. Davidson. Ich habe mich gefragt, ob Sie sich wohl in der Lage fühlen, ihm ein Angebot für dieses Buch zu machen.«

»Ich fürchte, da gibt es Komplikationen.«

Ich teilte ihm einige der Komplikationen mit.

»Hm. Aber wenn alles gut ginge, würde das Buch doch eine ganze Menge Geld einbringen?«

»Wenn alles gut geht. Im Moment wagt sich kein Verleger daran. Die Sache ist viel zu riskant.«

Vater Harris legte seine Hand auf meine Schulter. Er sagte sehr ernst: »Finden Sie nicht, Mr. Davidson, dass hier ein faires Angebot angebracht wäre? Schließlich geht es um etwas ganz Besonderes.«

»Das gesamte Verlagsgeschäft besteht aus besonderen Fällen, Vater. Viele Autoren sind übel dran.«

»Sie stehen nicht alle kurz vor dem Tod.«

»Nein, nein.«

»Mir wäre eine große Last von der Seele genommen, wenn ich das Gefühl hätte, mich darauf verlassen zu können, dass Sie Ihr Bestes tun.«

Ich sagte beklommen: »Darauf können Sie sich mit Sicherheit verlassen. Natürlich. Selbstverständlich. Aber man muss …«

»Und möge Gott Sie dafür segnen«, sagte der Geistliche und drückte mir sehr warmherzig die Hand.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.